Die Tiroler Identität
Das ist ein Begriff, den man in dieser Alpenregion nicht außer Acht lassen kann, denn er ist der Kitt, der sie zusammenhält! Die Menschen in Nord- und Osttirol mögen es wie die Österreicher im Allgemeinen nicht, wenn sie mit den Deutschen verwechselt werden, aber sie pflegen kein übermäßiges Identitätsgefühl. Der Wille, zu einem Volk zu gehören, ist weit weniger ausgeprägt als der Wunsch, sich zu einer Region zu bekennen. Auf der italienischen Seite ist das Zugehörigkeitsgefühl sogar noch stärker, da die Südtiroler nach der Niederlage von 1918 gegen ihren Willen unter die politische Autorität Italiens gestellt wurden, gegen die faschistische Politik der Italianisierung kämpfen mussten und durch Kämpfe politische Autonomie erlangten. Der Versuch, die germanische Kultur der Südtiroler in der faschistischen Ära auszulöschen, hat paradoxerweise das Identitätsgefühl der Bewohner gestärkt. Diese bezeichnen sich in erster Linie als Südtiroler und behaupten stolz ihren Status als autonome Provinz. Sie verleugnen jedoch nicht ihren Anteil an "Italianità": Die Mehrheit der Einwohner ist zweisprachig (in ladinischsprachigen Gebieten sogar dreisprachig) und wechselt je nach Gesprächspartner gerne von einem Idiom zum anderen. Wenn die Korrektheit ganz germanisch ist, wird der Südtiroler nicht auf seinen morgendlichen Espresso verzichten!
Die Tiroler Mentalität
Die Tiroler - aus Österreich, aber auch die Mehrheit der Bevölkerung aus Südtirol - sind Germanen. Sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich hat man es gerne übersichtlich, Pünktlichkeit und Genauigkeit werden geschätzt. Doch die Jahrhunderte der habsburgischen Herrschaft in einem Reich mit vielen verschiedenen Volksgruppen (slawisch, ungarisch, italienisch) haben einige der typischen Merkmale der Tiroler und Österreicher im Allgemeinen geprägt: Sie lassen sich gerne Zeit und wollen nicht zu sehr gehetzt werden. Die Küche ist eines der deutlichsten Beispiele für diese Mischung. Ein weiterer Grund für die Tiroler Gründlichkeit ist die Tatsache, dass die Bevölkerung stark vom praktizierenden Katholizismus geprägt ist. Die Tiroler legen großen Wert auf die Familie, und die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist geringer als in Frankreich, auch wenn die neue Generation diese Tatsache in Frage stellt. Die Sitten sind frei und Homosexualität stößt nicht auf Anstoß. In Österreich ist die gleichgeschlechtliche Ehe seit Januar 2019 erlaubt, während die Adoption durch ein gleichgeschlechtliches Paar bereits 2015 legalisiert wurde. In Italien hingegen wurde zwar 2016 das Gesetz über die Zivilunion für gleichgeschlechtliche Paare verabschiedet, doch sind Ehe und Adoption für sie nicht erlaubt; nur die gleichgeschlechtliche Adoption durch den Ehepartner des gleichgeschlechtlichen Elternteils wird akzeptiert. Andererseits sind die Abtreibungsgesetze mit denen in Frankreich vergleichbar.
Aufrechterhaltung des Wehrdienstes in Österreich
Österreich gehört wie Zypern, die Schweiz und Griechenland zu den wenigen europäischen Ländern, die an der Wehrpflicht festhalten. In einem Referendum im Januar 2013 haben sich die Österreicher mit 59,8 % für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen. Der Wehrdienst dauert sechs Monate und betrifft jedes Jahr 22 000 Männer. Für diejenigen, die sich der Wehrpflicht entziehen möchten, gibt es eine Alternative: einen neunmonatigen Bürgerdienst.
Schulsystem
Die Schulkinder im österreichischen Tirol haben keine Leerlaufzeiten in der Woche. Sie lernen von Montag bis Samstag, aber im Gegenzug sind ihre Tage leichter. Der Unterricht beginnt um 8 Uhr und endet in der Regel gegen 13 Uhr. Dieses System wird heute viel diskutiert, da es nicht mehr an den Rhythmus des Arbeitslebens der Eltern angepasst ist, die nicht jeden Nachmittag verfügbar sein können. Seit 1975 sind alle öffentlichen Schulen koedukativ. Innsbruck ist die wichtigste Universitätsstadt im österreichischen Tirol. In Südtirol gehört das Bildungswesen zu den sekundären Zuständigkeiten der Autonomen Provinz Bozen, was bedeutet, dass sich die Provinz an das nationale italienische System halten muss und nur über begrenzte Eingriffsmöglichkeiten verfügt, die sich vor allem auf die Organisation eines Unterrichts nach den drei Sprachgruppen (Italienisch, Deutsch und Ladinisch) beziehen. In Italien besteht eine Schulpflicht bis zum Alter von 16 Jahren. Das Bildungssystem entspricht mehr oder weniger dem in Frankreich angewandten Schema. Der Kindergarten betrifft die 3- bis 5-Jährigen, die Grundschule die 6- bis 10-Jährigen und das Äquivalent unseres Gymnasiums(scuola media), das mit einer wichtigen Abschlussprüfung abgeschlossen wird, nimmt die 11- bis 13-Jährigen auf. Das Gymnasium(secondaria superiore) ist in mehrere Abteilungen unterteilt. Die klassische und die wissenschaftliche Sektion dauern fünf Jahre und werden mit dem Abituräquivalent(diploma di maturità) abgeschlossen. Der technische Bereich dauert ebenfalls fünf Jahre und schließt mit einem technischen Abitur (maturità tecnica) ab. Für die Hochschulbildung ist der Titel laurea (Magistergrad) unerlässlich, da es keine Zwischenabschlüsse gibt.
Traditionen, die unter anderem durch Textilien vermittelt werden
Die Tracht wird überall getragen: von Kellnern und Kellnerinnen in Gasthäusern, auf Volksfesten, auf der Bühne von Musikern, von einfachen Bürgern und sogar von manchen Politikern... Als äußeres Bild der alpinen Identität Tirols wird die Tracht manchmal mit der bayerischen, schweizerischen oder anderen österreichischen Trachten verwechselt. Die wichtigsten Merkmale der Männertracht sind: eine kurze Hose, die mit hohen Socken und dicken Bergschuhen an den Füßen verbunden ist; sie wird von Hosenträgern gehalten, die über ein klein kariertes Hemd, z. B. rot-weiß, gezogen werden. Wenn der Mann Wert auf Eleganz legt, trägt er einen Hut, rot oder schwarz, aber nicht mit einer Feder, wie sein bayerischer Vetter. Die Frau trägt in der Regel einen halblangen oder kurzen, gerafften Rock, an den sich die Bluse anschließt, oder ein Kleid im gleichen Design mit angrenzenden Blusenteilen und Blusen. Die oft weite, weiße, geraffte Bluse mit eckigem, tiefem Ausschnitt, die oft nicht bis zu den Schultern reicht, wird von einer Bluse mit sehr weitem Halsausschnitt bedeckt, die vorne am Bauch unterhalb der Brüste, die sie nie bedeckt, geschnürt wird. Sie ist eng und dunkel, was einen Kontrast zur Bluse bildet, und wird mit einem Reißverschluss im Rücken geschlossen, der mit verstellbaren Bändern unterlegt ist. Über dem Kleid wird eine meist weiße Schürze getragen; oft sind Schürze und Bluse aus demselben Stoff und mit demselben Muster. Dazu werden in der Regel weiße Strümpfe getragen. Die Lieblingsfarben der Tirolerinnen sind Rot, Rosa und Grün, die mit Weiß, Beige oder Braun kombiniert werden.