Höhlenkunst
Die ersten malerischen Spuren wurden in den Höhlen von Tibesti entdeckt. Die ältesten dieser Malereien und Felsgravuren stammen aus der Zeit um 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. In Tibesti gibt es zweihundert Gravierstellen sowie etwa sechzig Malereien. Die Motive sind in der Regel von Wildtieren inspiriert. Zwischen Ochsen und Giraffen sind einige Figuren mit runden Köpfen zu erkennen. Später kommt zu den Stabfiguren noch die Vielfarbigkeit hinzu. Auch Szenen aus dem Alltag tauchen auf: Hütten, Harfen, Jagd, Mahlen von Getreide.
Die Ennedi-Wüste ist ein wahres Museum der Vorgeschichte unter freiem Himmel. Die spektakulären Bergmassive im Norden des Tschad sind nicht nur für ihre Bögen, sondern auch für ihre Felskunst bekannt. Die Höhlen von Archéi und Manda Guéli beherbergen wunderschöne Malereien von Dromedaren. Man spricht von der Kamelinzeit. Die weißen und braunen Dromedare werden von Männern geritten, von denen einige ein Chèche tragen. Im ersten Jahrtausend unterscheidet man den Gribi-Stil, der sich durch Bewegung auszeichnet, und den Keymena-Stil, der mit statischen Motiven verbunden ist. Auch Rinder sind auf diesen Wänden zu sehen. Nirgendwo in der Sahara findet man zu dieser Zeit eine vergleichbare Feinheit der Ausführung.
Die jüngeren Malereien (zwischen 2000 und 500 v. Chr.) von Terkeï zeigen Reiter in gutem Erhaltungszustand. Die kaballine Periode folgte auf die kameline Periode. Reiter im Galopp sind das Hauptmotiv dieser großen Fresken. Noch erstaunlicher ist, dass in einer dieser Höhlen die 1,70 m breite Malerei einer Kuh zu sehen ist. Relikte aus der prähistorischen Zeit sowie Artefakte aus der Neuzeit und der Kolonialzeit sind im Nationalmuseum des Tschad in N'Djaména zu bewundern.
Die Kunst der Sao
Als Schnittstelle zwischen der arabischen und der subsaharischen Welt ist der Tschad ein kulturelles Mosaik. Die Sao-Bevölkerung vereinte mehrere Gruppen, die wahrscheinlich aus dem Tschadsee stammten. Um 2000 v. Chr. entwickelten die Sao eine hochentwickelte Zivilisation, wie die bei den Ausgrabungen gefundenen Metallgegenstände belegen. Schon früh beherrschten die Sao die Verarbeitung von Ton und Keramik. Alltagsgegenstände, Schmuck, Spielzeug, aber auch menschliche und tierische Figuren wurden aus Ton hergestellt. Später übernehmen die Sao Bronze, Kupfer und Eisen.
In ganz Schwarzafrika sind die Sao die einzigen, die menschliche Skulpturen darstellen, die sich auf den Kopf beschränken. Sie sind reich mit Punkten verziert, haben vorstehende Ohren und eingeschnittene Augen.
In der Kunst der Kotoko, den Nachfahren der Sao, ist die Reiterfigur häufig anzutreffen und dient der Verehrung der Besessenheit. Durch sie hilft ein Priester dem Besessenen, mit einem Geist zusammenzuleben. Diese Skulpturen zeugen von einer seltenen ästhetischen Freiheit. Eine Tendenz zur Abstraktion und Stilisierung macht diese Skulpturen noch faszinierender. Die Kotoko schreiben dem Kupfer einen mythischen Ursprung zu, der ihm seine Schutzkraft verleiht.
Moderne Malerei
Aufgrund fehlender Strukturen sind die meisten tschadischen Maler Autodidakten. Sie finden jedoch in Kunstzentren und Vereinen Kurse für bildende Kunst und Orte, an denen sie ausstellen können. Institutionen wie dasInstitut français du Tchad und Hotels haben zudem ein Programm für Ankäufe und Ausstellungen verabschiedet. In diesem Zusammenhang spielen private Initiativen eine wesentliche Rolle. Das jüngste Projekt ist die Kunstgalerie Afrotopia (Habena-Viertel), die junge Talente fördern und die tschadische Kultur professionalisieren will.
Der 2010 gegründete Grenier des peintres tchadiens - Dabanga präsentiert sich als professioneller Zirkel zeitgenössischer Künstler. Der offizielle Start erfolgte 2012 im Nationalmuseum in N'Djamena. Er vereint alle großen Namen der aktuellen Szene, wobei jeder frei ist, seine eigenen malerischen Erkundungen durchzuführen. Traditionen werden durch zeitgenössische Trends neu interpretiert. Die wichtigsten Mitglieder sind Ibrahim Tidjani, Ahmat Hassan Kirdassi, Abdelkader Badaoui, Eloge Dom-Houdel, Sainto Teyanbaye, Salma Khalil Alio, Dounia Tog Yangar oder auch Doff.
Badaoui und die Kunst des Zeichens
Abdelkader Badaoui wurde 1954 in N'Djaména geboren und ist ein international anerkannter Maler, Bildhauer und Designer. Er kam als Autodidakt zur Kunst und setzt sich für die Entwicklung von Kunstausbildungen und die Förderung der zeitgenössischen Kunst im Tschad ein. Seine Werke werden in den ständigen Sammlungen von Institutionen sowie in öffentlichen und privaten Räumen der Stadt N'djamena ausgestellt.
Badaoui lässt sich von Zeichen jeglicher Herkunft inspirieren. So interpretiert er die arabische Kalligraphie neu, indem er sie mit geometrischen Mustern oder Collagen verbindet. Er nimmt alle Arten von Techniken und Medien an, um sie zu erforschen. Nachdem er an Bühnenbildern für Theaterstücke mitgewirkt hatte, wurde Badaoui zur Biennale der Afrikanischen Plastischen Künste in Abidjan, in den Kongo und anschließend nach Frankreich eingeladen.
Tidjani der Profi
Tidjani Brahim wurde 1960 in N'Djamena geboren. Er absolvierte eine Ausbildung in Museologie an der Elfenbeinküste. Zunächst war er Autodidakt, begann aber 1987 mit Ausstellungen in kulturellen Einrichtungen wie dem Centre des collégiens et lycéens (CCL), dem heutigen Centre Emmanuel, und dem Centre culturel français (CCF) in N'Djamena und Ouagadougou.
Sein Stil, der mit der naiven Kunst in Verbindung gebracht wird, ist von Alltagsszenen inspiriert. Er malte mit Gouache kleine, humorvolle Bilder, die ihm eine gewisse Anerkennung einbrachten. Aufgrund dieser Popularität schrieb er sich für eine akademische Ausbildung an der Kunsthochschule in Abidjan ein. Seine Arbeit wird von der Akademie jedoch heftig kritisiert. Dieser Moment ist für ihn eine Gelegenheit, neu anzufangen, indem er sich die akademischen Grundlagen aneignet, um seinen persönlichen Stil besser entwickeln zu können.
Tidjani, der sowohl in der Praxis als auch im Management ein Profi im Kulturbereich ist, nennt unter seinen Referenzen Badaoui, den er für einen Pionier der tschadischen Malerei hält.
Kirdassi, die Farben des Tschad
Die erste Ausstellung von Ahmat Hassan Kirdassi fand 1996 im Kulturzentrum Al Mouna in N'Djamena statt. Dieses kollektive Ereignis markiert den Beginn einer internationalen Karriere. Kirdassi begeisterte sich schon in jungen Jahren für alle künstlerischen Strömungen. In seinem Universum vermischt er Themen, die von seiner Umgebung und seiner Vorstellungswelt inspiriert sind. Seine Ölgemälde auf Leinwand oder Holz sind figurativ oder abstrakt und begeistern. Die flammenden Farben seiner Palette sind in seinen Augen eine Art, sich in die Tradition von Picasso einzureihen, dessen Arbeit ihn schon immer fasziniert hat. Kirdassi gilt als der Maler der Farben des Tschad. Als solcher malt er die alten Zivilisationen und Traditionen wie den Wanderfeldzug der Nomaden.
Später stellte er regelmäßig an offiziellen Orten in der Hauptstadt wie der US-Botschaft und dem Institut Français aus. Die großen Institutionen und Hotels in N'Djamena zeigen stolz seine Gemälde. Er malt auch gerne auf den Schiefertafeln der Koranschulen, deren originelle Form er schätzt, die sich für Assemblagen eignet. In anderen Kompositionen finden sich wiederverwertete Gegenstände.
Kirdassis Werke, die von den Höhlenmalereien im Ennedi und von alten Ruinen inspiriert sind, weisen auf die Notwendigkeit hin, das nationale Erbe zu schützen. Sein Gemälde Toumaï erinnert an den fossilen Schädel, der im Tschad in der Djourab-Wüste entdeckt wurde. Dieses Exemplar bestätigte, dass die menschliche Linie afrikanischen Ursprungs ist. In Kirdassis Werk scheint der Schädel aus dem Magma aufzutauchen.
Salma Khalil, engagierte Künstlerin
Salma Khalil ist eine der wenigen Künstlerinnen im Tschad. Khalil wurde 1982 in N'Djamena geboren und ist Malerin, Fotografin, Designerin und Dichterin. Nach einer Kindheit in Deutschland investiert sie ihre Energie in verschiedene Anliegen. Zu ihren Kämpfen gehört die Initiative der Kulturwebsite artistetchadienne.org, die sich seit 2013 für die Förderung der afrikanischen Kultur einsetzt. Über ihren Verein Positive begleitet sie junge Tschaderinnen bei ihrem Streben nach Unabhängigkeit. Dabei werden alle Talente unterstützt, egal ob Stickerei, Töpferei oder Malerei.
Diese Verschmelzung der Genres findet sich auch in ihren persönlichen Kreationen wieder, in denen althergebrachte Techniken auf Recycling treffen. Ihre länglichen, eleganten und fein gefärbten Figuren bieten einen spielerischen und modernen Blick auf die zeitgenössische tschadische Gesellschaft.
In der Fotografie bezeichnet sich Salma als Fotoreporterin. Sie hat Freude daran, den urbanen Wandel, der die Hauptstadt erfasst hat, festzuhalten. In einem Projekt aus dem Jahr 2015 vertraute die Künstlerin Kindern Fotoapparate an, um sie dazu anzuregen, über den Platz von Mädchen in der Gesellschaft nachzudenken. Entschlossen, das Bewusstsein zu schärfen, veröffentlicht sie monatlich einen Comic, der von den Abenteuern ausländischer Mädchen erzählt, die versuchen, sich im Tschad zu integrieren.
Doff, ohne Grenzen
Der Künstler Apollinaire Guidimbaye wurde unter dem Namen Doff bekannt, was auf Wolof "verrückt" bedeutet. Er wurde 1983 geboren und begann schon in jungen Jahren, auf Müllhalden nach Material zu suchen. Auch heute noch ist er ein begeisterter Sammler von Altmaterial: Draht, Kugelhülsen von Schlachtfeldern, Motherboards... Alles, was die Gesellschaft als Abfall betrachtet, inspiriert ihn zu Kreationen, die zwischen Malerei und Skulptur angesiedelt sind. Seiner Meinung nach ist die Wiederverwendung von Patronenhülsen ein Mittel, um einen positiven Kreislauf in Gang zu setzen und gleichzeitig Erinnerungsarbeit zu leisten.
Ebenso behandelt er alle Themen ohne Zensur, sei es die Beschneidung von Mädchen oder der Krieg. Seine Einflüsse sind Jean-Michel Basquiat und Pierre Soulages. Als Bühnenbildner und späterer Weltreisender verfeinerte er seinen einzigartigen Stil, der sich zwischen den Genres bewegt.
In den letzten zehn Jahren hat sich Doff zu einer wichtigen Figur in der tschadischen Kulturszene entwickelt. Im Oktober 2022 stellte er zum ersten Mal in Paris in der Galerie Art-Z aus. Durch seine Kunst fordert Doff die Politiker auf, friedliche Lösungen für Bürgerkriege und Umweltfragen vorzuschlagen. Dank seiner Bekanntheit trägt seine Botschaft die Stimme des Tschad und des gesamten afrikanischen Kontinents.