Demografisches Porträt der Deutschen
Deutschland hat heute eine Bevölkerung von 83,8 Millionen Einwohnern und liegt damit weit vor Frankreich, das mit 68 Millionen Einwohnern das zweitbevölkerungsreichste Land in Europa ist. Heute erklärt der weitgehend positive Wanderungssaldo des Landes, warum die Bevölkerung in den 2010er Jahren trotz einer starken Alterung der Bevölkerung wieder gewachsen ist. Zu Beginn der 2000er Jahre hatte das Land einen ersten Bevölkerungsrückgang von 81,6 Millionen Einwohnern im Jahr 2002 auf 80,2 Millionen im Jahr 2011 verzeichnet, bevor es sich dank der Zuwanderung wieder erholte. Heute machen Menschen im Alter von 65 Jahren oder älter 22% der Bevölkerung aus. Im Jahr 1991 waren es nur 15%. Gleichzeitig nimmt die Zahl der unter 25-Jährigen stetig ab. Während sie 1991 noch 30 % der Bevölkerung ausmachten, sind es heute nur noch 24 %. In deutschen Haushalten leben heute durchschnittlich nur noch 2 Personen, was einer der niedrigsten Werte in der Europäischen Union ist, wo der Durchschnitt bei 2,3 Personen pro Haushalt liegt.
Diese starke Alterung der Bevölkerung lässt sich durch mehrere historische, wirtschaftliche und soziale Faktoren erklären. Während andere europäische Länder wie Frankreich und Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg einen Babyboom erlebten, erlitt Deutschland eine Niederlage und eine schwierige Wiederaufbauphase, was zu einem drastischen Rückgang der Geburtenzahl führte. Der deutsche Babyboom begann erst 1952 und endete knapp ein Dutzend Jahre später, als die Geburtenzahlen erneut zu sinken begannen. Ein zweiter Einbruch erfolgte in den frühen 1990er Jahren nach der Wiedervereinigung, als die Familienpolitik in Ostdeutschland plötzlich beendet wurde und die Geburtenrate in dieser Region drastisch zurückging.
Es wird geschätzt, dass Deutschland bis zum Jahr 2055 seinen Status als bevölkerungsreichstes Land Europas an Frankreich verlieren könnte. Das Land war lange Zeit sehr zurückhaltend gegenüber jeglichen Maßnahmen zur Förderung der Geburtenrate, da diese zu sehr an die Geburtenpolitik der Nationalsozialisten und der DDR erinnerten. Seit 2005 hat das Land unter der Leitung der damaligen Ministerin für Familie, Senioren und Jugend, Ursula von der Leyen (später Präsidentin der Europäischen Kommission), eine Kehrtwende vollzogen und zeigt nun offen seine Bereitschaft, Geburten zu fördern. Seitdem hat es seine Sozialleistungen für Familien erhöht und zahlreiche Kindertagesstätten gebaut. Der Mangel an Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder ist ein Faktor, der die Geburtenrate senkt und viele deutsche Mütter dazu veranlasst, Teilzeit zu arbeiten, um die Betreuung ihrer Kinder zu gewährleisten. Die deutsche Familienpolitik ist heutzutage eine der teuersten der Welt.
Das Land steht weltweit auf Platz 23 der Länder mit der längsten Lebenserwartung. Sie beträgt 83,4 Jahre für Frauen und 78,7 Jahre für Männer. Sie steigt stetig an, denn 1950 lag sie bei 68,5 für Frauen und 64,6 für Männer. Laut dem Bundesamt für Statistik könnte die Lebenserwartung bis 2070 auf 88,2 Jahre für Frauen und 84,6 Jahre für Männer ansteigen. Dieser Anstieg der Lebenserwartung wirkt sich auch auf die Alterung der Bevölkerung aus.
Hinsichtlich der Verteilung der Bevölkerung ist eine relativ homogene und dezentrale Verteilung im Land zu beobachten. So gibt es im Land nicht weniger als 15 Städte mit mehr als 500 000 Einwohnern (Frankreich: nur 4) und 4 Städte mit mehr als 1 Million Einwohnern (Frankreich: nur eine). Die meisten dieser Städte befinden sich im Westen des Landes, da die starke Industrialisierung zu einer großen Bevölkerungskonzentration geführt hat, insbesondere in Nordrhein-Westfalen. Das Ruhrgebiet und die Ufer des Rheins sind daher besonders dicht besiedelt, mit zahlreichen und ausgedehnten Städten wie Köln, Düsseldorf oder Dortmund, die oft keine klaren Abgrenzungen aufweisen. Die meisten Einwohner hat jedoch die Stadt Berlin mit 3,7 Millionen (4,4 mit Ballungsraum), gefolgt von Hamburg (1,8 Millionen), München (1,5 Millionen), Köln (1 Million), Frankfurt am Main (775.000), Stuttgart (632.000) und Düsseldorf (630.000). Das Land hat über 80 Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern - doppelt so viele wie Frankreich. Die Deutschen bilden eine besonders urbane Bevölkerung, da fast 80 % von ihnen in Städten leben und ein Drittel der Gesamtbevölkerung in einer Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern lebt.
Die Familie hat in Deutschland immer noch einen hohen Stellenwert und laut einer Umfrage des Allensbach-Instituts steht sie für mehr als drei Viertel der Einwohner an erster Stelle in ihrem Leben. Die Heiratsrate (Anzahl der Eheschließungen im Verhältnis zur Bevölkerung) liegt übrigens mit 4,3 Eheschließungen pro 1 000 Einwohner über dem EU-Durchschnitt, während das Schlusslicht Frankreich nur 2,3 Eheschließungen verzeichnet. Entsprechend dieser Logik endet etwa ein Drittel der Ehen mit einer Scheidung, wo in Frankreich die Hälfte der Ehen aufgelöst wird. Obwohl die traditionelle Familienstruktur wie in allen entwickelten Ländern auf dem Rückzug ist, machen Ehepaare mit Kindern immer noch fast 70% der deutschen Familienkonstellationen aus, gefolgt von Single-Haushalten. Seit 1999 hat sich der Anteil der unverheirateten Paare mit Kindern verdoppelt. Auch die Zahl der Einelternfamilien nimmt zu.
Deutschland hat eine insgesamt sehr gut ausgebildete Bevölkerung, von der 96 % die Schule abgeschlossen haben. Die meisten von ihnen besuchen öffentliche Schulen, während 9 % an privaten Schulen eingeschrieben sind. Laut OECD hatte 2023 ein Drittel der Bevölkerung im Alter von 25 bis 34 Jahren einen höheren Bildungsabschluss, in Frankreich waren es 46 %. Dies ist darauf zurückzuführen, dass fast die Hälfte der Deutschen eine Berufsausbildung mit einer technischen oder handwerklichen Lehre absolviert oder absolviert hat, was den europäischen Durchschnitt bei weitem übertrifft. Dies ist auch der Grund dafür, dass Frauen mehr Hochschulabschlüsse haben als Männer, die stärker in technischen Ausbildungsgängen vertreten sind.
Die Herkunft der Deutschen
Die Deutschen stammen von den germanischen Völkern ab, die im 1. Jahrhundert v. Chr. aus Nordeuropa eingewandert sind. Dabei handelte es sich nicht um eine einheitliche Gemeinschaft, sondern um verschiedene barbarische Stämme, die von den Römern als "Germanen" bezeichnet wurden. Zu den Germanen gehörten unter anderem die Sachsen, Franken, Bayern, Cherusker und Bataver. Im Mittelalter organisierten sich diese Stämme in verschiedenen autonomen Gebieten und bildeten die Anfänge der deutschen föderalen Tradition. So behalten einige deutsche Staaten heute noch die Namen der germanischen Stämme, die sie bewohnten: die Bayern in Bayern, die Thüringer in Thüringen, die Sachsen in Sachsen und Niedersachsen, die Westfalen in Nordrhein-Westfalen..
Ihre Vereinigung zu den Deutschen erfolgte in vielen Schritten, von der Bildung einer Konföderation germanischer Nationen unter dem Namen Alamannen im 1. Jahrhundert bis hin zu den Napoleonischen Kriegen im 19. Jahrhundert, die zum ersten Mal die Idee der Gründung einer deutschen Nation aufkommen ließen. Diese wurde erst 1871 zum ersten Mal gegründet.
1913 wurde im deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz festgelegt, dass nur das Recht des Blutes gültig war, um Deutscher zu sein. Man musste mindestens einen deutschen Elternteil haben, unabhängig davon, wo man geboren wurde. Seit dem1. Januar 2000 ist zu diesem Recht des Blutes ein Recht des Bodens hinzugekommen, das nun unter bestimmten Bedingungen anerkannt wird: Ein auf deutschem Boden geborenes Kind kann die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn beide Eltern seit mindestens acht Jahren mit einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung im Land leben. Seit 2014 ist unter bestimmten Bedingungen auch die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt.
Eine multikulturelle Bevölkerung
Seit jeher ist Deutschland ein Einwanderungsziel. Heute haben 22,3 Millionen Menschen, die hier leben, einen Migrationshintergrund, was einem Viertel der Bevölkerung entspricht. Etwa die Hälfte von ihnen besitzt heute einen deutschen Pass. Deutschland ist auch das zweitgrößte Land der Welt, das die meisten Migranten aufnimmt. In Deutschland werden keine ethnischen Zählungen durchgeführt, weshalb es schwierig ist, den Anteil der einzelnen Bevölkerungsgruppen an der Gesellschaft zu ermitteln.
Die slawische Einwanderung ist eine der ältesten des Landes. Seit etwa dem5. Jahrhundert wanderten slawische Völker in den Osten Deutschlands ein. Sie ließen sich in den Gebieten nieder, die den heutigen Bundesländern Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern entsprechen. Im Mittelalter errichteten sie sogar unabhängige Territorien, wie das der Obodriten im heutigen Mecklenburg. Noch heute tragen einige Städte in Westdeutschland Namen slawischen Ursprungs, wie Dresden, das "Sumpfwald" bedeutet, Leipzig, das in der slawischen Sprache "Stadt der Linden" bedeutet, oder Zwickau, das nach einem alten slawischen Sonnengott benannt ist. Im Laufe der Jahrhunderte wurden diese slawischen Völker jedoch durch die Eroberungen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nach und nach assimiliert. Die Sorben konnten sich dieser Germanisierung erfolgreich widersetzen und eine kulturelle Einheit in der Region Lausitz aufrechterhalten. Diese erstreckt sich gegen die polnische Grenze, östlich von Sachsen und südöstlich von Brandenburg. Während des Kalten Krieges wurden die Sorben sogar von der DDR unterstützt und geschützt. Obwohl sie heute innerhalb der Lausitz eine Minderheit darstellen, so dass sie das kleinste aller slawischen Völker sind, haben sie sich einen starken sozio-kulturellen Zusammenhalt bewahrt. So sprechen die Sorben die sorbische Sprache, die mit dem Polnischen verwandt ist, besitzen eine eigene Flagge, eine offiziell anerkannte Hymne, eigene Bücher, Schulen, Filme... Sie werden heute nach deutschem Recht als nationale Minderheit betrachtet. In Deutschland, hauptsächlich in der Lausitz, leben schätzungsweise 70.000 Sorben.
Die Sorben sind jedoch nicht die einzigen Slawen in Deutschland, auch wenn sie den stärksten kulturellen Zusammenhalt bewahrt haben. Im 19. Jahrhundert kamen viele Polen ins Land, um in den Kohlebergwerken des Ruhrgebiets zu arbeiten. Die Deutschen bezeichnen sie als " Ruhrpolen". Im Jahr 1910 machten sie 30 % der Bevölkerung dieser Industrieregion im Westen Deutschlands aus. Heute leben schätzungsweise 800.000 Polen mit polnischer Staatsangehörigkeit und zwischen 2 und 3 Millionen mit polnischer Herkunft im Land, die sich hauptsächlich im Ruhrgebiet konzentriert haben. Weitere slawische Einwanderer wurden durch die Jugoslawienkriege, die die Balkanhalbinsel in den 1990er Jahren erschütterten, ins Land gebracht. So leben im Land viele Bürger mit serbischen, montenegrinischen oder bosnischen Wurzeln.
Im Rahmen der EU-Richtlinie zum Schutz nationaler Minderheiten in Europa erklärte Deutschland 1992 vier Minderheiten zu offiziell vor dem Gesetz anerkannten Minderheiten. So erkennt das Land neben den Sorben auch die Friesen, die Dänen und die Zigeuner an, die wiederum aus den Sinti und Roma in Deutschland gebildet werden.
Die Friesen sind ein germanisches Volk, das seit der Römerzeit an der Nordseeküste lebt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie sich eine starke kulturelle Identität und ihre eigene Sprache bewahrt. Man findet sie noch immer in der historischen Region Friesland, die sich in den Niederlanden und in Deutschland über die heutigen Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen erstreckt, hauptsächlich auf den friesischen Inseln. In Schleswig-Holstein gibt es heute etwa 10.000 Sprecher der friesischen Sprache, und im Land gibt es etwa 50.000 Personen, die sich als Friesen bezeichnen.
Schleswig-Holstein ist auch die Hochburg einer weiteren der vier nationalen Minderheiten: der Dänen in Deutschland. Dabei handelt es sich lediglich um eine autochthone Bevölkerung, die bereits hier lebte, als die Region noch dänisch war. Ihre Gemeinschaft wird von Deutschland seit 1955 im Rahmen eines binationalen Abkommens anerkannt, was bedeutet, dass auch Dänemark die deutsche Minderheit auf seinem Gebiet anerkennt. Die Zahl der Dänen in Deutschland wird auf etwa 50.000 geschätzt.
Sinti und Roma schließlich sind Völker, die im Hochmittelalter Indien verlassen haben sollen und sich vor etwa 600 Jahren in Deutschland integriert haben. Da sie während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis verfolgt und hingerichtet wurden, mussten diese Völker aufgrund des anhaltenden Antiziganismus lange nach dem Krieg auf die Anerkennung ihrer Rechte warten. Heute arbeitet Deutschland daran, dieser Erinnerung Geltung zu verschaffen, und hat beispielsweise 2012 in Berlin ein Denkmal für die während des Nationalsozialismus ermordeten europäischen Sinti und Roma eingeweiht. Im Land leben heute etwa 70.000 Roma, die offiziell als eine der vier nationalen Minderheiten anerkannt sind.
Deutschland ist zwar seit langem ein Aufnahmeland, doch die Masseneinwanderung begann erst um 1950, um das industriell aufstrebende Land mit den fehlenden Arbeitskräften zu versorgen. Die Deutschen sprachen damals von Gastarbeitern, wörtlich übersetzt " Gastarbeiter", um diese eingewanderten Arbeiter zu bezeichnen. Diese Masseneinwanderung begann zunächst mit Polen und Italienern und wurde ab 1960 hauptsächlich türkisch. Bereits 1961 unterzeichneten Deutschland und die Türkei ein Abkommen über die Anwerbung von Arbeitskräften. Heute leben fast 3 Millionen Menschen türkischer Abstammung in Deutschland, was sie zur größten ausländischen Gemeinschaft des Landes macht. Ähnlich wie die polnische Gemeinschaft, die ebenfalls im 20. Jahrhundert nach Deutschland kam, um die florierende Industrie des Landes zu unterstützen, leben die Türken hauptsächlich in den Industrieregionen Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern. Im Osten des Landes ist die türkische Bevölkerung weitaus weniger konzentriert, außer in Berlin, insbesondere im Bezirk Berlin-Neukölln. Seit ihrer Ankunft hat die türkische Bevölkerung in Deutschland die Kulturlandschaft stark geprägt. So ist Türkisch mittlerweile die am zweithäufigsten gesprochene Sprache des Landes, während türkische Spezialitäten Teil der Populärkultur geworden sind. Der berühmte Döner Kebab, der in einem Brot serviert wird, wurde übrigens in den 1970er Jahren von einem in Berlin lebenden türkischen Einwanderer erfunden.
Seit 2015 sieht Deutschland neue Profile in sein Hoheitsgebiet einwandern. Während der europäischen Migrationskrise befürwortete Angela Merkel eine grenzenlose Aufnahmepolitik, erneut um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, aber auch aus humanistischen Gründen, sodass Deutschland das Land in Europa ist, das die meisten Migranten aufgenommen hat. Allein im Jahr 2015 nahm das Land 1,1 Millionen Migranten auf, was einen absoluten Rekord in seiner Geschichte darstellt. Diese sind hauptsächlich Kriegsflüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Sie kamen vor allem in die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern, aber auch nach Berlin. Deutschland unternimmt sowohl mit seinen öffentlichen Diensten als auch mit seinem Privatsektor große Anstrengungen, um ihre Integration zu verbessern. Bisher wurden rund 50 % der Personen im erwerbsfähigen Alter in den Arbeitsmarkt integriert.
Seit Februar 2022 stehen weitere Kriegsflüchtlinge, diesmal aus der Ukraine, vor der Tür Deutschlands. Im Jahr 2023 lebten so etwa 1,1 Millionen Ukrainer in Deutschland. Damit ist sie neben Polen das wichtigste europäische Aufnahmeland für diese Bevölkerungsgruppe. Auch hier versucht die Regierung, ihre Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Deutsche in der Welt
Die Deutschen bilden eine besonders mobile Bevölkerung. Zwischen 2009 und 2024 verlor das Land durchschnittlich 25.000 seiner Staatsangehörigen pro Jahr. Heutzutage sind ihre Profile vor allem die von jungen, oft hochqualifizierten Akademikern. Die Schweiz ist ihr bevorzugtes Land, gefolgt von den USA, dann Österreich, Polen, Großbritannien, Spanien und Frankreich. Man geht daher davon aus, dass es weltweit zwischen 100 und 150 Millionen Deutsche gibt, sei es aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer Herkunft. Dass die USA heute das wichtigste außereuropäische Land für deutsche Auswanderer darstellen, liegt daran, dass die USA für sie schon immer ein Land der Gastfreundschaft waren. Im 17. und 18. Jahrhundert überquerten viele Deutsche den Atlantik, um der Armut und den religiösen Konflikten zu entfliehen und so Gemeinden in Nordamerika zu gründen. In den USA sind nicht weniger als 15% der Bevölkerung deutscher Abstammung, was sie zur zweitgrößten europäischen Gemeinschaft des Landes macht. Im Jahr 1873 ließ North Dakota seine Hauptstadt Bismarck nach dem deutschen Reichskanzler benennen, um neue deutsche Staatsbürger anzuziehen. Tatsächlich sind die Staaten im Norden der USA auch heute noch die Staaten mit der stärksten deutschen Gemeinschaft. Viele amerikanische Spezialitäten wurden von Deutschen mitgebracht, wie z. B. der Hamburger aus Hamburg oder der Hotdog, der ursprünglich mit Frankfurter Würstchen belegt war. Ganz zu schweigen von amerikanischen Persönlichkeiten deutscher Abstammung, wie z. B. Donald Trump. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich eine große Zahl von Deutschen auch einem anderen Land auf dem Kontinent zu: Kanada. Laut der kanadischen Volkszählung von 2011 gaben rund 3,3 Millionen Kanadier an, deutsche Wurzeln zu haben.
Auch in Lateinamerika leben viele Nachkommen von Deutschen, schätzungsweise 15 Millionen. Jahrhundert wanderten viele deutsche Bauern in das Land ein, um Arbeitskräfte für die Plantagen zu finden. Zwischen 1824 und 1960 zogen 350.000 von ihnen nach Brasilien, vor allem in die südlichen Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Santa Catarina, wo die größte Gemeinschaft noch heute lebt. Ihre Nachkommen bewahren bis heute eine starke deutsche kulturelle Identität, so dass in den oben genannten Staaten ein deutscher Dialekt, dasHunsrückisch, erhalten geblieben ist. Dieser Dialekt, der älter als das moderne Deutsch ist, stammt aus Rheinland-Pfalz. In geringerem Umfang wird er auch in einigen Regionen Argentiniens gesprochen, wo es ebenfalls eine starke deutsche Einwanderung gegeben hat. Diese war Ende des 19. Jahrhunderts besonders reich und nahm nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg eine dramatische Wendung, als viele Nazifunktionäre nach Argentinien flüchteten. Heute leben in Argentinien 3 Millionen Deutsche mit deutscher Herkunft oder Staatsangehörigkeit.