Bildung
Jedes Bundesland ist für sein eigenes Bildungssystem verantwortlich, so dass es lokale Besonderheiten gibt, insbesondere bei den Lehrplänen. Im Großen und Ganzen ist die Schullaufbahn jedoch im ganzen Land gleich: Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren besuchen den Kindergarten und anschließend die Grundschule, die Grundschule, bis sie 10 Jahre alt sind. Danach entscheiden sie sich für die Sekundarstufe, die dem Collège in Frankreich entspricht, je nach ihrem schulischen Niveau und ihren beruflichen Plänen für eine von vier Schulen. Die Hauptschule bereitet fünf Jahre lang auf eine Berufsausbildung vor, ohne dass ein bestimmtes Niveau vorausgesetzt wird. Die Realschule bietet eine berufsbildende und etwas gründlichere Ausbildung über 6 Jahre. Das Gymnasium entspricht sowohl dem Collège als auch dem Lycée in Frankreich, denn diese generalisierte Ausbildung erstreckt sich über 8 oder 9 Jahre und bereitet auf dasAbitur vor, das dem Baccalauréat entspricht. Die Gesamtschule schließlich, die seltenste der vier Schulen, bietet eine universellere und weniger spezialisierte Ausbildung, die die drei anderen Schulen miteinander vermischt, um eine zu frühe Orientierung zu vermeiden. Anschließend gehen die Schüler an Universitäten, duale Ausbildungen vom Typ CAP oder Berufsschulen. Die berufsbildenden Ausbildungen sind weitaus erfolgreicher als in Frankreich. Aus diesem Grund besitzen prozentual weniger Deutsche einAbitur oder einen Universitätsabschluss als Franzosen. Außerdem gibt es in Deutschland mehr Fachhochschulen, die eine technische Ausbildung anbieten, als Universitäten.
Der Kindergarten ist optional, aber die meisten Eltern entscheiden sich dafür, ihre Kinder dort unterzubringen. Die Schulpflicht beginnt mit 6 Jahren und endet mit 16 Jahren, und häusliche Erziehung ist verboten. Die öffentliche Schule ist kostenlos und stellt die von der überwiegenden Mehrheit der Deutschen gewählte Option dar. Das deutsche Schulsystem weist einige weitere Besonderheiten auf, wie z. B. die Tatsache, dass Noten von 1 bis 6 vergeben werden, wobei 1 die beste Note ist. Eine weitere bekannte Besonderheit ist die Tatsache, dass der Unterricht in der Primar- und Sekundarstufe nur vormittags stattfindet. Der Unterricht endet in der Regel am frühen Nachmittag, damit die Schüler Zeit für außerschulische Aktivitäten wie Sport, Musik, Kunst usw. haben. In dieser Zeit bieten die Schulen häufig Arbeitsgemeinschaften an, d. h. Workshops oder Aktivitäten, die jedoch immer optional sind. Das deutsche Bildungssystem basiert auf dem Konzept der Bildung im Sinne von "etwas in Form bringen". Es geht nicht ausschließlich darum, den Schülern Wissen zu vermitteln, sondern vor allem darum, ihnen zu ermöglichen, sich als Individuen zu entwickeln, während sie lernen, mit ihren Mitschülern und Lehrern zu sozialisieren. Dieses fast schon philosophische Konzept der Selbstentwicklung ist zentral für die Bildung auf der anderen Seite des Rheins und stellt sicherlich ihre größte Besonderheit dar.
Beschäftigung
Die Arbeitslosenquote in Deutschland hat sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. Nachdem sie 2005 auf 11 % gestiegen war, ist diese kontinuierlich gesunken und hat sich seit 2017 bei rund 3 % eingependelt. Die Coronavirus-Pandemie hat sich nur geringfügig auf die Arbeitslosenquote ausgewirkt, was vor allem auf die Einführung von Kurzarbeit zurückzuführen ist, durch die mithilfe staatlicher Finanzspritzen viele Entlassungen verhindert werden konnten. Die Arbeitslosigkeit ist jedoch zwischen Ost und West ungleich verteilt, wobei letztere mit einer starken Industrie und einer starken Wirtschaft niedrigere Raten aufweisen als die ehemaligen DDR-Staaten. Die Arbeitslosigkeit ist vor allem strukturell bedingt: Einige Branchen, insbesondere die Industrie oder handwerkliche Berufe, die ein hohes Maß an technischen Fähigkeiten erfordern, haben Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal einzustellen. Tatsächlich gaben 2024 80 % der deutschen Unternehmen an, dass sie auf der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften sind, und 40 % von ihnen erklärten, dass dieser Mangel ihren Betrieb beeinträchtigt. Zwar können dank der hohen Zuwanderung derzeit noch viele Stellen besetzt werden, doch die alarmierende Bevölkerungsalterung bedroht den Arbeitsmarkt, da die Erwerbsbevölkerung in Kürze stark zurückgehen dürfte. Der dynamischste Markt ist der Dienstleistungssektor, in dem drei Viertel der deutschen Erwerbsbevölkerung beschäftigt sind. Auf das verarbeitende Gewerbe entfallen 24 % der Arbeitsplätze und auf die Landwirtschaft nur 1 %.
Trotz der niedrigen Arbeitslosenquote gibt es jedoch Ungleichheiten innerhalb des Landes, da die Zahl der Niedriglohnbezieher Anfang der 2000er Jahre explosionsartig angestiegen ist. Eine Besonderheit des deutschen Arbeitsmarktes sind unter anderem die Minijobs. Mit diesem Namen, der in den allgemeinen Wortschatz eingegangen ist, werden kurzfristige Teilzeitbeschäftigungen bezeichnet. Um als solcher zu gelten, darf ein Minijob im Jahr 2024 nicht mehr als 538 € brutto monatlich betragen und nicht länger als 70 Tage im Jahr dauern. Minijobs erfordern zwar keine Sozialversicherungsbeiträge, bieten aber auch keinen Zugang zu Sozialleistungen. Die Beschäftigten haben keine Krankenversicherung, kein Arbeitslosengeld, keine Rentenversicherung usw. Dennoch arbeiten etwa 7 Millionen Deutsche in solchen Jobs, und ein Drittel von ihnen hat mehrere Jobs gleichzeitig.
Es sind übrigens diese Ungleichheiten, die 2015 dazu führten, dass zum ersten Mal ein Mindestlohn eingeführt wurde. Bis dahin hatten nur bestimmte Berufszweige einen Mindestlohn, der von ihren Gewerkschaften ausgehandelt worden war. Ursprünglich lag der SMIC bei 8,50 € brutto pro Stunde und wurde für 2025 auf 12,82 € festgesetzt, insbesondere als Folge der Inflation.
Schließlich hat Deutschland das älteste Rentensystem in ganz Europa. Im Jahr 2012 wurde das gesetzliche Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben, was bis 2031 wirksam werden soll. Dann muss man 45 Jahre lang Beiträge gezahlt haben, um eine volle Rente zu erhalten. Die Ersatzrate, d. h. das Verhältnis zwischen der erhaltenen Altersrente und dem Durchschnittslohn, liegt bei knapp über 50 %. Das bedeutet, dass die Deutschen im Ruhestand im Durchschnitt nur knapp die Hälfte dessen erhalten, was sie während ihres Arbeitslebens verdient haben, während es in Frankreich drei Viertel sind. Dies erklärt unter anderem den beträchtlichen Anteil an Senioren, die noch berufstätig sind: Eine Million deutsche Rentner sind noch berufstätig, und diese Zahl steigt stetig. So sind 20 % der 65- bis 69-Jährigen noch erwerbstätig.
Gesundheit
Die Krankenversicherung kam im 19. Jahrhundert in Deutschland auf. Inmitten der industriellen Revolution sah sie den Schutz der Arbeiter vor. Seit ihrer Reform im Jahr 1988 basiert sie auf einer Zweiteilung in ein staatliches und ein privates System. Nahezu 90% der Deutschen sind im öffentlichen System versichert. Die Finanzierung erfolgt über die Quellensteuer und wird zur Hälfte mit dem Arbeitgeber geteilt. Die öffentliche Krankenversicherung bietet ähnliche Leistungen wie in Frankreich: Pflege, Medikamente, Bezahlung von Krankschreibungen usw
Das deutsche Gesundheitssystem ist also dem französischen sehr ähnlich und hat im Übrigen mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen, insbesondere mit einem großen Defizit. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, wurde 1992 mit der Seehofer-Reform der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen eingeführt, die nun wie private Unternehmen geführt werden. Trotzdem blieb das Defizit hoch, so dass die Patienten seit 2004 in geringerem Maße an den Kosten beteiligt werden müssen. Im Falle eines Krankenhausaufenthalts oder einer Rehabilitationsbehandlung müssen sie dann 10 € pro Tag bis zu einer Höchstgrenze von 28 Tagen im Jahr übernehmen. Ebenso müssen sie 10 % der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente bis zu einer Obergrenze von 10 € selbst tragen. Im Falle eines Besuchs bei einem Allgemeinmediziner gilt diese Selbstbeteiligungsgrenze von 10 € nicht mehr für einen Tag, sondern für ein Quartal.
Unterkunft
Deutschland ist mit einer großen Wohnungskrise konfrontiert, die auf einer einfachen Gleichung beruht: Es gibt viel mehr Wohnungssuchende als verfügbare Wohnungen. Im Jahr 2024 werden schätzungsweise 480.000 Wohnungen fehlen, um die Nachfrage zu befriedigen, und bis 2027 könnte diese Zahl auf 830.000 steigen. Diese Krise betrifft jedoch vor allem die westlichen Bundesstaaten, die wirtschaftlich am dynamischsten und daher auch am dichtesten bevölkert sind.
Die Gründe dafür sind steigende Zinssätze, Inflation bei Baumaterialien, aber auch ein Mangel an Arbeitskräften. Dies hat dazu geführt, dass sich Immobilienprojekte trotz hoher Nachfrage für Investoren einfach nicht mehr lohnen und viele Bauunternehmen in Konkurs gehen. Der Sektor ist außerdem einer der am höchsten besteuerten des Landes, da die Steuern 37 % der Gesamtkosten eines Bauprojekts ausmachen, während sie in Frankreich nur 19 % und in Österreich nur 7 % betragen. Trotz der großzügigen Finanzspritzen der Regierung, insbesondere durch Bundeskanzler Olaf Scholz, der dies zu einem Eckpfeiler seiner Wahlkampagne gemacht hat, steigen die Mieten weiter an, mit einem Anstieg von 5,6 % im Jahr 2022 und 4,8 % im Jahr 2023, wobei es regionale Unterschiede gibt, wie in Berlin, wo der Anstieg bis 2023 fast 14 % betragen wird.
Andererseits hat die Regierung Scholz auch viel in umweltfreundliche Wohnungen investiert. Die Deutschen lieben diese Ökosiedlungen, die so konzipiert sind, dass sie wenig Energie verbrauchen, sich teilweise selbst versorgen und aus nachhaltigen Materialien gebaut sind. Seit den 1980er Jahren werden solche Projekte im ganzen Land durchgeführt. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Stadtteil Vauban in Freiburg im Breisgau (Baden-Württemberg), der mittlerweile zu einem europäischen Modell geworden ist. Begrünte Häuser mit Photovoltaikanlagen, Fassaden aus unbehandeltem Holz, natürliche Isolierung... In dem Stadtteil leben heute mehr als 5.000 Menschen.
Freizeit
Ob traditionell oder eher alternativ, deutsche Partys sind weltweit bekannt. So hat sich Berlin seit den 1990er Jahren zur Welthauptstadt des Techno gemacht. Im Jahr 2024 wurde die Berliner Technokultur sogar in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Die Stadt beherbergt unter anderem das berühmte Berghain, einen wahren Tempel der elektronischen Musik, der dafür bekannt ist, das beste Soundsystem der Welt zu haben. Der Club ist zu einem Mythos der Nachtwelt geworden, indem er bewusst das Geheimnis bewahrt, indem er die Gäste am Eingang streng auswählt, was von einem Physiognomiker durchgeführt wird, der zu einer wahren Medienberühmtheit geworden ist, und indem er in seiner Höhle alle Fotos und Videos verbietet.
Aber die deutschen Partys bestehen nicht nur aus den schwefelhaltigen Berliner Clubs, und die berühmteste unter ihnen ist übrigens eine bayerische. DasOktoberfest findet seit 1810 jedes Jahr zwischen September und Oktober statt. Es entstand aus den Hochzeitsfeierlichkeiten von Ludwig I. von Bayern und zieht heute vor allem Folklore- und Bierliebhaber an. Denn es ist das Malzgetränk, das der Star des Festes ist, so sehr, dass es gar nicht anders als in 1-Liter-Krügen bestellt werden kann! Mit über 6 Millionen Besuchern jährlich ist dasOktoberfest in München das größte Fest der Welt. In Deutschland gibt es noch viele weitere große Feiern, wie den Kölner Karneval, der von den Einwohnern der Stadt als das wichtigste Fest nach Weihnachten angesehen wird, die Rheinkirmes in Düsseldorf, eine der größten deutschen Messen, oder einfach den Nikolaustag, der im ganzen Land am 5. Dezember gefeiert wird.
Natürlich besteht die deutsche Freizeitgestaltung nicht nur aus Festen, und auch der Sport nimmt einen großen Platz in der Volkskultur ein. Laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse treibt etwas mehr als die Hälfte der Deutschen regelmäßig Sport. Fußball ist mit großem Abstand ihr Lieblingssport. Die deutschen Fußballvereine haben insgesamt über 7 Millionen Mitglieder. Das Land ist bei internationalen Meisterschaften besonders erfolgreich, z. B. hat Bayern München sechsmal die Champions League gewonnen. Deutschland ist auch das Land mit den zweitmeisten Weltcupsiegen, mit insgesamt 4 Siegen. Auch andere Sportarten wie Eishockey, Basketball, Handball und Autorennen sind auf der anderen Seite des Rheins besonders beliebt.