Staatlicher Aufbau
Von den nordischen Ländern haben sich nur Island und Finnland für eine Republik entschieden. Dänemark, Norwegen und Schweden sind konstitutionelle Monarchien geblieben. Der Präsident der Republik, das Staatsoberhaupt, wird für sechs Jahre in allgemeiner und direkter Wahl gewählt und darf nicht mehr als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten anstreben. Die Regierung hingegen muss das Vertrauen des Parlaments(Eduskunta) genießen, das aus 200 Abgeordneten besteht, die für vier Jahre gewählt werden. Seit 2012 und nach seiner Wiederwahl im Jahr 2018 ist Sauli Niinistö Präsident. Die nächste Wahl findet 2024 statt.
Politische Parteien
Nationale Koalitionspartei (Kok): Konservative Partei des Präsidenten Sauli Niinistö, der im Februar 2012 mit 62,6 % der Stimmen gewählt und 2018 mit 62,7 % wiedergewählt wurde. Zwar trat dieser bei den letzten Wahlen als unabhängiger Kandidat an, doch handelt es sich hierbei um die große Rückkehr und Aufrechterhaltung der Rechten, die seit 1956 nicht mehr an der Macht war. Der ehemalige Finanzminister (von 1996 bis 2003) ist einer der wichtigsten Befürworter der Umstellung Finnlands auf den Euro und seine Wahl zu einem Zeitpunkt, an dem die Euroskepsis in Finnland zunimmt, ist ein starkes Zeichen.
SDP: Sozialdemokratische Partei der sehr populären Tarja Halonen, die 2000 und 2006 zur Präsidentin gewählt wurde und damit die erste Frau der Welt war, die zwei Amtszeiten absolvierte. Matti Vanhanen war mehrere Jahre ihr Ministerpräsident, musste aber wegen des Verdachts auf Korruption und Einflussnahme zu Beginn seiner zweiten Amtszeit zurücktreten. Für 2018 kandidierte Tuula Haatainen. Die Partei stürzte bei den Präsidentschaftswahlen 2018 mit nur 3,25 % der Stimmen im ersten Wahlgang ab.
Wahre Finnen (PS): Eine ultrakonservative, nationalistische und antieuropäische populistische Partei, die bei den Parlamentswahlen 2011 mit 19 % einen echten Durchbruch erzielte. Ein Ergebnis, das seit den 6,93 % bei den Präsidentschaftswahlen 2018 relativiert werden muss. Timo Soinien ist der unangefochtene Anführer. Die Wahren Finnen weigerten sich, sich an der konservativen Regierung von Jyrki Katainen zu beteiligen, nachdem dieser der Finanzhilfe für Griechenland zugestimmt hatte. Im Jahr 2018 kandidierte Laura Huhtasaari.
Zentrumspartei (Kesk) : Paavo Väyrynen erzielte bei den Präsidentschaftswahlen 2012 ein Ergebnis von 17,5 %. Ihm fehlten 1,3 %, um in die zweite Runde zu gelangen. 2018 wurde die Partei von Matti Vanhanen vertreten, der 4,10 % erreichte.
Grüne Partei (Vihr): Ihr Vorsitzender Pekka Haavisto schaffte es bei den Präsidentschaftswahlen 2012 überraschend in die zweite Runde. Im Jahr 2018 erreichten Pekka und die Grüne Partei 12,40 %.
Eine Enklave mit privilegiertem Status
Die Åland-Inseln, eine natürliche Brücke über die Ostsee zwischen Stockholm und Turku, haben einen Sonderstatus. Ihre Autonomie wird durch ein internationales Abkommen garantiert, das das finnische Parlament nicht allein ändern kann. Kurzer geschichtlicher Rückblick: Während des finnischen Bürgerkriegs 1918 bildete sich auf den Inseln eine separatistische Partei, die den Anschluss an Schweden befürwortete. Nach einer Debatte wurde die Frage schließlich dem Völkerbund (VN) vorgelegt, der 1921 sein Urteil fällte. Die Souveränität Finnlands wird beibehalten, aber die Bewahrung der schwedischen Sprache und die Kultur der Inselbewohner müssen ebenfalls garantiert werden. Die Åländer wurden daher autonom und erhielten eine eigene Regierung und ein lokales Parlament.
Territoriale Streitigkeiten
Ein großer Teil Kareliens, das 1940 von den Russen besetzt wurde, musste 1947 an die UdSSR abgetreten werden, was zur Flucht von 400.000 Menschen führte. Obwohl sich die finnische Regierung in Bezug auf diesen Streit immer sehr zurückhaltend gezeigt hat, setzen sich Vereinigungen seit langem für die Rückgabe des annektierten Gebiets ein. Andere, die realistischer sind, lehnen dies aufgrund der maroden Infrastruktur ab. Dank der Europäischen Union konnte jedoch eine grenzenübergreifende Zusammenarbeit ins Leben gerufen werden. Das Projekt Euregio Karelia, das im Jahr 2000 eingeweiht wurde, soll eine Zusammenarbeit zwischen dem finnischen Karelien und dem russischen Karelien in den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Tourismus und Kultur entwickeln. Eine ganz und gar diplomatische Lösung ... die Finnland sehr gut zu Gesicht steht, da es weiß, wie man mit seinen quirligen Nachbarn umgeht. Strategisch gesehen hat Finnland auch seinen Zugang zum Arktischen Meer verloren. Dort, wo die Grenzen Finnlands, Norwegens und Russlands aufeinandertreffen, fehlen Finnland nur wenige Kilometer, um an die Gestade des hohen Nordens zu gelangen. So erhebt es Anspruch auf den Hafen von Petsamo am Arktischen Meer. Man kann auch darauf hinweisen, dass der finnische Luftraum häufig von der russischen Luftwaffe verletzt wird... Sehr schnelle Einflüge für Piloten, die von St. Petersburg nach Kaliningrad fliegen, aber das ärgert die finnische Öffentlichkeit natürlich sehr. In diesem Kontext wachsender Spannungen mit seinem mächtigen Nachbarn, der immer noch ein gewisses Misstrauen hervorruft, und trotz geduldiger diplomatischer Goldschmiedearbeit nähert sich Finnland immer mehr dem Westen an, vor allem durch zahlreiche Kooperationen mit der NATO, was schließlich zu seinem Beitritt im Jahr 2023 führt, der durch die russische Aggression in der Ukraine sehr stark beschleunigt wird.
Wichtigste wirtschaftliche Ressourcen
Landwirtschaft: Finnland ist das nördlichste Agrarland Europas. Die Bauernhöfe sind überwiegend kleine Familienbetriebe. Die Landwirtschaft unter subarktischen Bedingungen ist mit vielen Einschränkungen verbunden. Die Produktion beruht in erster Linie auf der Nutzung von Grünland. Die Milchwirtschaft ist traditionell geprägt und basiert auf einem Genossenschaftssystem. Der Ackerbau und die Rinderzucht für die Milch- und Butterproduktion werden hauptsächlich im Süden betrieben, wo das Klima milder ist als im Rest des Landes. Aufgrund der geringen Anzahl an landwirtschaftlich nutzbarem Ackerland (nur 7 %) aufgrund des rauen Klimas sowie der massiven Präsenz von Seen und Wäldern hat Finnland schon sehr früh mit einer intensiven Agrarforschung begonnen. Das Land ist dabei, ein vorbildliches und umweltfreundliches Modell der nachhaltigen Entwicklung einzuführen.
Forstwirtschaft: Da 73 % der Landesfläche von Wäldern bedeckt sind, blieb die Forstwirtschaft lange Zeit das Rückgrat der finnischen Wirtschaft. In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts entfielen fast 80 % der nationalen Exporte auf die Forstwirtschaft. Ein großer Teil der Bevölkerung arbeitete in diesem Sektor: Bäume wurden im Winter gefällt und das Holz im Frühjahr geflößt (eine Tradition, die heute im Rahmen von lokalen und touristischen Wettbewerben wiederbelebt wird). Finnland, das anfangs für die Qualität seines Holzes und seiner Holzprodukte weltweit bekannt war, setzte sich auch im Bereich der Werkzeugmaschinen durch. Mit Unternehmen wie UPM-Kymmene gehört das Land mittlerweile zu den weltweit führenden Papierherstellern. Nicht zu vergessen der weltweit größte Hersteller von Papiermaschinen (Metsä) und einer der größten Hersteller von Forstmaschinen (Ponsse).
Der Schwerpunkt der Entwicklung dieser globalen Giganten liegt nunmehr auf der Bioökonomie mit der Entwicklung neuer Verwendungsmöglichkeiten für Waldprodukte. Heute machen die Exporte aus der Forstwirtschaft jedoch nur 20 % der Gesamtexporte des Landes aus und tragen mit 4 % zum BIP (2018) bei, was den zweitgrößten Exportposten des Landes darstellt. Zu bestimmten Zeiten kann man das Flößen bewundern, d. h. den Transport von Holz auf Flüssen und Seen. Die Stämme werden abgeschnitten und miteinander verbunden, um eine Art steuerbares Floß zu bilden, das stromabwärts fährt. Diese Technik stammt aus dem Mittelalter und wird in Finnland momentan noch immer angewandt. Ein tolles Schauspiel!
Die finnischen Industrien
Finnland hat sich entschieden der Hochtechnologie zugewandt, insbesondere den Kommunikationssystemen. Nokia zum Beispiel ging Anfang der 1990er Jahre mit fast unverschämtem Erfolg von der Produktion von Gummistiefeln zur Herstellung der berühmten Mobiltelefone über. Doch das finnische Telekommunikationsunternehmen, das weltweit bis zu 122.000 Mitarbeiter beschäftigte, bekam die Krise mit voller Wucht zu spüren und verpasste unter anderem die Wende zu Smartphones. 95 % der finnischen Haushalte verfügen über einen Internetanschluss. Im Jahr 2010 wurde Finnland das erste Land der Welt, das den Zugang zum Breitbandinternet zu einem Menschenrecht machte und allen Finnen einen solchen Anschluss garantierte. In den Hightech-Dörfern Espoo, Turku, Tampere, Jyväskylä, Lappeenranta, Kuopio und Oulu sind übrigens über 600 wissenschaftliche Forschungsunternehmen ansässig.
Die Maschinenbauindustrie ist nach wie vor einer der größten Arbeitgeber des Landes. Sie verfügt über einige Flaggschiffe, die den Ruf des Landes im Ausland begründet haben. Kone ist beispielsweise auf Aufzüge, Rolltreppen und Hebezeuge spezialisiert. Es ist einer der drei größten Konzerne der Welt in diesem Bereich: Seine Aktie stieg 2012 um 47 %! Das Unternehmen ist mittlerweile der größte Konzern des Landes, gemessen an seinem Börsenwert (15 Milliarden Euro). Die mittlerweile aufgeteilte Metra-Gruppe stellt Dieselmotoren, Badezimmereinrichtungen (Sanitec), Schlösser und elektronische Zugangssysteme (Abloy Security) her. Vingcard Systems entwickelt Hotelschlösser mit Lochkarten. Die Firma Teräsbetoni hat sich auf die Planung von Gebäuden konzentriert, die den strengsten Umweltstandards entsprechen. Weitere Namen sind Ponssé, Valmet oder Timberjack (2008 von einem Amerikaner aufgekauft), die Harvester herstellen. Diese riesigen futuristischen Maschinen, die von den Finnen erfunden wurden, fällen und zerteilen einen ganzen Baum in Sekundenschnelle. Am Ende des Krans befindet sich ein unglaublich ausgeklügelter Kopf, eine Art mächtige mechanische Hand, die den Baum in einer einzigen Bewegung fällen und dann zerteilen kann. Derzeit ist Frankreich das Land Nr. 1 für den Export von Ponssé. Seit dem Sturm von 1999, aber auch weil Frankreich sehr waldreich ist und das Holzfällen noch zu 80 % von Hand erfolgt, ist Frankreich ein ausgezeichneter Absatzmarkt für diese Technologie, die das Aushängeschild der finnischen Industrie ist.
Die Metallindustrie, die sich an die Krise im Schiffbau anpassen musste, exportiert dennoch 70 % ihrer Produktion in fast 60 Länder. Der Stahl aus Rautaruukki ist beispielsweise an die extremen Bedingungen in den arktischen Regionen angepasst.
Die Chemieindustrie, der drittgrößte Industriezweig des Landes, stellt Schmieröle, Düngemittel, Kunststoff- und Synthetikprodukte, Farben, Farbstoffe und Pharmazeutika her. Kemira ist nach dem norwegischen Konzern Norsk Hydro der zweitgrößte Düngemittelhersteller in Europa. Kunststoff, ein Material, das aus der Erdölraffination gewonnen wird, ist ebenfalls eine finnische Spezialität. Die strengen Umweltauflagen, denen die Industrie unterliegt, führen zu oft innovativen Lösungen. Die Produkte haben eine überdurchschnittlich lange Lebensdauer. Auch recycelte Materialien sind ein wichtiger Bestandteil der Produktzusammensetzung. Die Ölgesellschaft Neste, die größte des Landes, stellt beispielsweise Benzin und Diesel her, die am besten an die Kälte angepasst sind (die niedrigste Temperatur des 20.Jahrhunderts wurde im Januar 1985 in einem kleinen Dorf im Norden gemessen: - 54,4 °C).
Design in industriellem Maßstab ist ebenfalls eine der finnischen Spezialitäten. Porzellan, Silberwaren und vor allem Glaswaren und Schmuck (deren Ruf weithin bekannt ist). Fiskars, bekannt für seine berühmte orangefarbene Schere, ist das älteste noch bestehende Unternehmen in Finnland.
Die Biotechnologie war, insbesondere in ihren Anfängen, ein großer Hoffnungsträger für die finnische Wirtschaft, insbesondere um die IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) abzulösen und das Land weiterhin unter den Vorreitern bei bahnbrechenden technologischen Innovationen zu halten. Es ist auch eines der ersten Länder, dem es gelungen ist, Biotechnologien anzuwenden, insbesondere bei der Abwasserbehandlung und der Energierückgewinnung. Die hohen Wachstumsraten und Erfolge bis 2003 haben die Entwicklung dieses Sektors sowie die Gründung von Unternehmen gefördert. Nach einer Flaute seit 2007 scheint der Sektor nun wieder ein Wachstumstempo anzuschlagen.
Der Stellenwert des Tourismus
Finnland zog 2017 etwa 7 Millionen Touristen an, bevor es aufgrund des Covid-19 einen herben Taucher erlebte: Dieser Bereich machte vor 2020 2,7 % des BIP aus, fiel aber auf 1,4 %, bevor er bis 2021 wieder auf 1,6 % ansteigen wird. Franzosen machen etwa 10 % der Touristen aus. Vor Ort ziehen vor allem vier "Attraktionen" an:
Skifahren. Zwei Drittel der Touristen ziehen es vor, im Winter zu kommen und die Skisaison zwischen Dezember und Mai zu genießen. Skifahren in Lappland im Dezember und Januar ist sehr beliebt: Man ist in ein bläuliches Licht getaucht (die Sonne geht nicht auf) und alle Abfahrts- und Langlaufpisten sind beleuchtet. Ab März/April ist das Skifahren aufgrund der Schneesicherheit und der Tageslänge (die Sonne geht dann zwischen 21 und 22 Uhr unter) großartig.
Thalassotherapie. Finnland setzt auch auf sein Wellnessangebot mit seiner Saunakultur und seinen traditionellen Fitnessmethoden, insbesondere auf Torfbasis.
Design. Helsinki war 2012 Welthauptstadt des Designs und empfing über eine Million Besucher, die die 580 vorgestellten Projekte besichtigten.
Der Wintertourismus. Lappland wird in der Weihnachtszeit zu einem immer beliebteren Reiseziel für Reisende, die auf der Suche nach dem Weihnachtsmann und märchenhaftem Flair sind! Die finnische Fluggesellschaft Finnair hat übrigens im Winter mehrere Linienflüge von Paris nach Lappland eröffnet.