Heute Morgen klingelt mein Wecker sehr früh und ich war noch nie so glücklich, diesen Ton zu hören. Es war eine schöne Nacht, in der ein grünes Nordlicht am Himmel tanzte.

Draußen ist es noch dunkel, aber ich werde dich, mein geliebtes Kangerlussuaq, von innen heraus besser kennenlernen. Zwischen deinen Bergen wandern, über deine gefrorenen Fjorde gleiten und versuchen, deine wunderbaren Moschusochsen zu beobachten..... Bei mir sind Julia und Gabriel aus Brasilien. Wir sind dabei, mit einem außergewöhnlichen lokalen Führer zu wandern: Jens-Pavia. Unser Taxifahrer wartet draußen auf uns. Ich bin bereit und schreie: "Komm, lass uns ins Auto steigen. Das wird ein verrückter Tag!" Alle Gesichter lächeln und die Herzen sind leicht. Ich kenne den Weg des Reiseleiters und freue mich sehr auf dieses Treffen. Ich fühle mich privilegiert, Zeit mit diesem Hausherrn zu teilen. Julia und Gabriel sind in der gleichen Stimmung. Auf dem Weg zum Treffpunkt lachen wir mit dem grönländischen Fahrer. Er hat so viel Lust, sich mit uns auszutauschen. Ich versuche ein paar Worte auf Dänisch und er bringt uns ein wenig Grönländisch bei. Alle scheinen um 6 Uhr morgens an diesem abgelegenen Ort so glücklich zu sein. Angenehm. Hier kommt Jens-Pavia. Hände schütteln und sich kurz vorstellen. Und schon sitzen wir alle wieder im Auto, um zum Ausgangspunkt zu fahren. Das ist es. Wir sind angekommen. Die Nacht weicht langsam dem Tag. Dieses sanfte Blau vereint den Himmel und die schneebedeckten Berge. Eine heitere Landschaft. Ein weiteres hübsches Monochrom. Grönland liebt die moderne Kunst. ☺ Vom Schnee geht ein beruhigendes Licht aus. Man fühlt sich von der Harmonie förmlich umzingelt. Die Landschaft ist so weitläufig, wir haben so viel Platz und niemand ist am Horizont zu sehen. Die wilde Natur nur für uns an diesem strahlenden Morgen. Jens-Pavia öffnet seinen Rucksack. Er holt ein Fernglas heraus und setzt sich auf einen Felsen. Er hält Ausschau nach Moschusochsen. "Na ja, da drüben könnten zwei oder drei von ihnen sein, es sei denn, es handelt sich um Felsen. Von hier aus sind sie schwer zu unterscheiden. Wie auch immer, wir werden uns in Richtung der Berge bewegen und dann werden wir sehen, was passiert." Wir bewegen uns in einer wunderschönen Umgebung. Julia und Gabriel fangen plötzlich an zu lachen und bestehen darauf, ein Foto von mir zu machen. "Du wirst schon wissen, wie du aussiehst, wenn du älter bist!" Da wird mir klar, worüber sie scherzen. Auf meinem Haar hat sich Frost abgelagert, der mich wie eine alte Frau aussehen lässt. Ah ah ah! Ich finde den Gedanken toll, dass mein Haar seine eigene Grönland-Erfahrung hat!

Jens-Pavia liest für uns den schneebedeckten Boden in einem offenen Buch: "Hier war ein Polarhase und dort ein Polarfuchs." Der Schnee ist ein Gemälde. Er trägt seinen Teil dazu bei, indem er neue Tierspuren zeichnet, damit wir sie besser kennenlernen. Sie sind nicht da, und doch tauchen sie plötzlich vor unseren Augen auf. Das Staunen ist überall zu spüren. "Schaut euch die kleinen weißen Vögel da drüben im Gebüsch an", schwärmt er. "Sie sind wirklich winzig, aber so schön, in diesem Jahr hat ihre Zahl so stark zugenommen wie nie zuvor ..."

Der Boden, auf dem wir laufen, ändert sich ständig: Pulverschnee, fester Schnee, Eis ... Je nach Art des Bodens klingen unsere Schritte ganz anders. Ich höre fasziniert zu und sage dem Führer, dass wir in dieser Winterlandschaft experimentelle Musik machen könnten. Ich träume und stelle mir vor, dass Musiker mit Mikrofonen kommen, um diese Klänge einzufangen und hier ein besonderes Album zu produzieren: die Kangerlussuaq-Symphonie... Über unseren Köpfen fliegende Krähen geben ein Krächzen von sich. Danke, meine Freunde, für eure Ermutigung ;-)

Mit dem Fernglas auf der Nase verkündet uns Jens-Pavia eine gute Nachricht: "Lasst uns in diese Richtung gehen, dort sind bestimmt Moschusochsen." Wir müssen so leise wie möglich sein. Das Knirschen unserer Schritte im Schnee könnte sie alarmieren und zur Flucht veranlassen, bevor wir uns ihnen überhaupt nähern. Unser Führer verrät uns einen Trick, indem er uns empfiehlt, zuerst auf die kleinen getrockneten Pflanzen zu treten. Wir folgen ihm in die Berge. Es ist unmöglich, sich auf direktem Weg zu nähern, zu riskant. Wir müssen um sie herumgehen, einen Nebenweg nehmen, um nicht entdeckt zu werden. Es macht so viel Spaß. Der Adrenalinspiegel steigt. Manche jagen Nordlichter in der Hoffnung auf ein gutes Foto, andere, wie wir heute, machen genau das Gleiche mit Moschusochsen. Das Herz klopft. Plötzlich flüstert Jens-Pavia: "Sie sind da oben! Seht ihr sie?" Oh mein Gott! Ja, wir sehen sie! Ich möchte am liebsten die Luft anhalten. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Halb versteckt machen wir Fotos (ein oder zwei Schnappschüsse), beeindruckt davon, dass wir nur wenige Meter von diesen massiven und legendären Tieren entfernt sind, als eine Bewegung Gabriels sie verscheucht. Das macht aber nichts. Es war einfach magisch! Ich hätte nie gedacht, dass ich Moschusochsen so nahe kommen könnte. Das Wissen und die solide Erfahrung von Jens-Pavia machten die Begegnung möglich. Wenn man mit einem Führer unterwegs ist, der das Hinterland wie seine Westentasche kennt, ist alles möglich. Es ist, als würde man Ihnen die Schlüssel zu einer neuen, leuchtenden Welt überreichen, als würde man Ihnen das letzte Stück eines Puzzles schenken und Sie hätten die unglaubliche Chance, zum allerersten Mal einen Überblick zu bekommen. Klare und prächtige Vision einer wilden Welt..... Wir dringen in ihre Geheimnisse ein. Jens-Pavia ist mehr als ein Reiseführer, man ahnt, dass er ein Mann von großer Weisheit ist. Ein seltener Mensch. Er ist neugierig und leidenschaftlich, lernt immer weiter und teilt seine Entdeckungen, ohne zu prahlen. Er zeigt uns archäologische Überreste von alten Siedlungen, die nur er entdeckt hat. Wissenschaftler untersuchen in der Tat jeden seiner Funde.

Das ist keine Wanderung, sondern eine echte Reise in die Wildnis, die Geschichte, das Leben, den Tod... Eine fast mystische Gemeinschaft mit den Elementen. Ich bin unendlich glücklich. Jens-Pavia wirkt so gelassen. Bezieht er seine Kraft aus all den Stunden, die er in der Natur verbracht hat?

Gabriel zieht seine Handschuhe aus, um zu essen. Nachdem er seine Frühstückspause beendet hat, fangen seine Hände an, höllisch zu schmerzen. Er hat große Schmerzen und schafft es nicht mehr, sie zu wärmen. Das macht ihm große Angst. Julia und ich machen uns ein wenig Sorgen, sind aber beruhigt, weil Jens-Pavia so ruhig ist. Uns kann nichts Schlimmes passieren, wir sind in guten Händen, das wissen wir. Unser Führer sucht hier und da nach Ästen. Er sagt uns, dass, solange Gabriel Schmerzen hat, dies ein positives Zeichen ist. Er öffnet seinen Rucksack und holt Streichholzschachtelkratzer, ein Streichholz und eine lange Kerze heraus, die er unter den Zweigen vergräbt. Dann entfacht er das Feuer und bittet Gabriel, seine Hände näher heranzuziehen, denn es gibt kein effektiveres Mittel, um sich zu wärmen. Gabriel kommt der Aufforderung nach, aber er glaubt nicht daran. Dann beschließt er ungeduldig, mit Schmerzen und Grimassen, diesen Weg aufzugeben und versucht, so schnell wie möglich wieder seine Handschuhe anzuziehen. Jens-Pavia sagt Gabriel, dass die einzige Möglichkeit, warm zu bleiben, nicht darin besteht, seine Hände in den Handschuhen zu halten, sondern sie näher ans Feuer zu bringen. Seine Art, es ihm zu sagen, ist informativ, kein Druck, kein autoritärer Ton, kein Befehl. Nur ein freundlicher Rat. Wir ermutigen Gabriel, es noch einmal zu versuchen. Er legt seine nackten, zitternden Hände um das Feuer und wartet. Julia und ich sind so ruhig. Wenn man jemandem vertraut, wenn man an seine Fähigkeiten glaubt, dann gibt es keine Panik oder Angst, sondern nur einen sehr sanften und angenehmen inneren Frieden. Nach und nach beginnt Gabriel zu spüren, wie die Wärme zurückkehrt, aber noch nicht so weit, dass er sein Lächeln wiederfindet. Dann zieht Jens-Pavia etwas Neues aus seinem Rucksack und verkündet, dass er DIE besten und wärmsten Handschuhe der Welt besitze, die aus der Wolle von Moschusochsen hergestellt und von seiner Frau angefertigt worden seien. Gabriel probiert sie sofort an. Nach ein paar Minuten scherzt er wieder. Es funktionierte wie versprochen. Handelt es sich bei Jens-Pavias Tasche um eine Art Zauberhut? Wird er beim nächsten Mal ein weißes Kaninchen daraus hervorholen?

Die Wanderung neigt sich fast dem Ende zu. Wir kehren über den gefrorenen Fjord zurück. Wir halten an und fegen mit unseren Handschuhen über den Pulverschnee, um das Eis wahrzunehmen. Was für ein Anblick, hübsche Linien und Muster durchziehen es, bearbeiten es von der Oberfläche bis in die Tiefe wie Noten, die auf einer Notenzeile tanzen. Unser Führer möchte uns unbedingt ein Bild seiner Kamera zeigen, das er vor ein paar Tagen an derselben Stelle aufgenommen hat. Darauf sind Engelsflügel zu sehen, die in das Innere des Eises gemeißelt sind. Wow, Kangerlussuaq ist definitiv ein magischer Ort. Es ist an der Zeit, unserem talentierten Jens-Pavia herzlich zu danken und sich von ihm zu verabschieden. Eines ist sicher: Ich werde wieder mit ihm wandern gehen. Er hat einen gewöhnlichen Morgen in ein heiliges Fest verwandelt. Was für eine wunderbare Begegnung!

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