Korsika in der Bronzezeit
Die älteste menschliche Präsenz auf Korsika wird auf 9000 v. Chr. datiert. Die meisten Spuren einer Besiedlung der Insel der Schönheit stammen jedoch aus der Jungsteinzeit, und in dieser Zeit erlebte sie auch ihre ersten architektonischen Gesten: Dolmen und Menhire bedeckten ihr Territorium. Eine der berühmtesten prähistorischen Stätten der Insel ist Filitosa, das bis in die Antike besiedelt war! Sie befindet sich im Taravo-Tal, unweit des Dorfes Sollacaro in Südkorsika, und steht seit 1967 unter Denkmalschutz. Sein Reichtum ist unglaublich: Neben gravierten Menhiren gibt es hier auch Denkmäler der Torreaner-Zivilisation. Die Architektur dieser Periode wird durch ihr Hauptelement symbolisiert: den Torre (Turm), die korsische und kleinere Version der Nuraghe, die man auf Sardinien findet.
Die Stätte von Cucuruzzu in Levie in Südkorsika ist eine der wichtigsten noch sichtbaren Überreste der Torre. Es handelt sich um ein echtes Festungsdorf, das in "Diverticuli" unterteilt ist: ausgebaute Logen, die für die verschiedenen täglichen Beschäftigungen (Kochen, Töpfern usw.) genutzt wurden. Diese Einrichtungen wurden aus mehreren Granitfelsenblöcken errichtet, auf denen die Baumeister Steine aufschichteten, wobei sie die natürlichen Formationen als Fundament und Strukturen nutzten. Die Festung ist um einen zentralen Raum herum angeordnet, der die verschiedenen Diverticula bedient, die wie um einen kleinen Platz im Freien herum angeordnet sind.
Über Ceccia, einem Dorf aus dem 19. Jahrhundert oberhalb von Porto Vecchio, befindet sich der Torre de Ceccia, der auf einem Felsvorsprung über der Ebene steht. Der Ort wurde im Mittelalter sowie während der genuesischen Zeit erneut genutzt, stets zu Verteidigungszwecken.
Diese befestigten Anlagen sollten vor Invasionen schützen, von denen es viele gab, darunter auch die der Phokäer, die das heutige Alalia und Aléria gründeten. Aus der Zeit der Etrusker in den darauffolgenden Jahrhunderten sind jedoch noch einige Spuren erhalten, wie z. B. ein Handelshafen, dessen Ruinen etwa 100 m vom heutigen Ufer entfernt ausgegraben wurden. Aus der vorrömischen Zeit sind eine Stadtmauer aus der griechischen Zeit sowie eine Nekropole erhalten.
Römisches und romanisches Korsika
Erst die Ankunft der Römer im 3.Jahrhundert v. Chr. markiert das Ende dieser aufeinanderfolgenden Einfälle. Aus Alalia wird Aleria, die Hauptstadt der neuen Provinz Korsika. Die Ruinen eines Forums, von Thermen und eines ganzen Straßensystems zeugen von der Präsenz der alten römischen Stadt.
Während Aleria eine Militärkolonie war, war Mariana eine zivile Kolonie. Die Überreste lassen einen klassischen Stadtplan erkennen, der sich entlang des Cardo (Nord-Süd) und des Decumanus (Ost-West) erstreckt. Letzterer hatte die Form einer Straße mit Säulenhallen, in denen die Händler untergebracht waren.
Eine römische Straße verband damals Mariana mit Palla (wahrscheinlich das heutige Bonifacio) entlang der Ostküste. Das seit der Vorgeschichte bestehende Straßennetz wurde mit den Römern rationalisiert. Leider sind nur noch wenige Spuren davon erhalten. Einige Wege tragen in Prunelli-di-Fomorbo noch den Namen strada romana, doch Historikern zufolge muss es sich dabei um Nebenstraßen gehandelt haben.
Mit dem Römischen Reich hielt auch das Christentum Einzug auf der Insel. Die ersten religiösen Gebäude wurden an prähistorischen oder römischen Stätten errichtet (Santa Maria de Rescamone, Pianottolli-Ficaria). Die erste Kirche, die auf Korsika errichtet wurde, befindet sich in Aleria: San Marcellu. Sie wurde mehrfach zerstört und jedes Mal mit den Steinen der antiken Stadt wieder aufgebaut. Das heutige Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert.
In der Abenddämmerung des Römischen Reiches wurden unter byzantinischem Einfluss noch frühchristliche Basiliken gebaut, oft mit einem Baptisterium, wie in Mariana. Heute sind nur noch Ruinen erhalten, deren Mosaike jedoch von der byzantinischen Präsenz zeugen.
Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches endete die pax romana. Die Insel wird bis zum 11. Jahrhundert erneut von aufeinanderfolgenden Invasionen heimgesucht. Jahrhundert. Die christlichen Gebäude überstehen diese lange Zeit der Unruhen, indem sie zerstört und wieder aufgebaut werden. Die ersten Kapellen waren eher klein, unverziert und wurden nur notdürftig aus zerbrochenen Steinen errichtet: San Cervone in Lavatoggio, Maria Assunta in Pie-d'Orezza. Erst im 9. Jahrhundert tauchen Verzierungen auf, mit Bögen und Arkaden, wie in San Giovanni Battista in Corte, dessen Ruinen heute zu sehen sind. Nur die Apsis steht noch vor den Überresten von Pfeilern, die den dreischiffigen Grundriss erahnen lassen.
Zwischen Pisa und Genua
Nachdem die Christen einen entscheidenden Sieg über die Mauren errungen haben, sind Pisa und Genua an der Reihe, um die Insel zu kämpfen. Um seine Herrschaft zu festigen, beginnt Pisa mit zahlreichen Baumaßnahmen, insbesondere von Gotteshäusern. Der pisanische Stil manifestiert sich zwischen dem 12. und 13. In den Kirchen und Kapellen werden die Verzierungen immer ausgeschmückter, die Blöcke, aus denen die Wände bestehen, werden nun streng aneinandergereiht. Kathedralen werden eingeweiht, wie z. B. in Nebbio. Die Kirchen wurden mit imposanten Baptisterien ausgestattet.
Im 13. Jahrhundert wurde die Insel von den Genuesen beherrscht. Jahrhundert errichteten sie zahlreiche Türme, die feindliche Schiffe signalisierten und heute noch auf der ganzen Insel zu finden sind. Aus der Zeit der Genuesen stammen der Turm von Diana, der den gleichnamigen Teich überragt, sowie das Fort de Matra in Aleria. In dieser Zeit wurde auch das "Bastia" errichtet, der befestigte Palast des genuesischen Gouverneurs, der der Stadt später ihren Namen gab. Der heutige imposante Palast wurde im 16. Jahrhundert fertiggestellt. Er beherbergte Kapellen, ein Gefängnis, eine Kaserne sowie verschiedene Verwaltungsgebäude und war außerdem die Residenz des Gouverneurs der Insel. Das ockerfarbene Gebäude thront auf einem Berghang und überragt die Stadt.
Im 15. Jahrhundert wurden die Kapellen unter dem Einfluss der Franziskaner mit Fresken geschmückt. Dies ist der Fall bei Santa Catarina in Valle di Campoloro und San Toma in Pastureccia. Korsika kannte die Gotik, die sich damals überall in Europa entwickelte, nicht. Es ging von der Spätromanik, die mit dem Ende des pisanischen Stils ausstarb, zum Barock über, der ebenfalls aus Italien kam. Die Romanik erlebte also eine seltene Langlebigkeit: fast fünf Jahrhunderte!
Kapellen werden renoviert, um sie der neuen Mode anzupassen. Das alte Gebälk wurde durch Gewölbe ersetzt, Altäre verdeckten die veralteten Apsiden, Fenster wurden vergrößert oder durchbrochen und die Mauern verstärkt. Eines der schönsten Beispiele für den Barockstil ist dieKirche Saint-Jean Baptiste, die älteste Pfarrkirche der Insel und eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Bastia.
Das traditionelle Korsika
Ähnlich wie der architektonische Reichtum der religiösen Gebäude ist auch die korsische Volksarchitektur in verschiedenen Stilen gehalten. Man kann hier von materialistischer Architektur sprechen: Die vor Ort vorhandenen Steine werden zum Bauen verwendet, und die Gebäude sind ein Echo der umgebenden Landschaft. Die Siedlungen, von den Klippen oder Küstenebenen bis hin zu den Bergen, passen sich den verschiedenen Gebieten an und bieten so eine Vielfalt an architektonischen Formen: von der mediterranen Stadt bis hin zum Bergdorf, das an alpine Regionen erinnert.
Das im Pays Ajaccien gelegene Dorf Appietto nimmt so die rosa-orangefarbenen Töne des Granits der Region an, während der Schiefer im Norden eher graue und bläuliche Farben hervorbringt. Im Süden findet man leichter Kalkstein: Das weiße Bonifacio, das auf einer Klippe thront, ist ein gutes Beispiel dafür. Hier wurde die Treppe des Königs von Aragonien in den Kalkstein gehauen und der Legende nach in einer einzigen Nacht fertiggestellt. In Appietto und Umgebung findet man sehr schöne Beispiele für die korsische ländliche Bauweise, darunter auch wunderschöne, mit Schnitzereien versehene Türstürze. In Valle di Mezzana, ebenfalls in der Region Ajaccio, wurden Häuser aus Steinen gebaut, die aus dem nahe gelegenen Fluss entnommen und durch Erosion abgerundet wurden. Im Norden bedecken noch immer Schieferplatten die Dächer. Einige kämpfen darum, das Know-how der Dachdecker aufrechtzuerhalten, das darin besteht, Steine über das Gebälk zu legen, ohne wasserdichte Materialien hinzuzufügen, da der Schieferstein ausreicht. Die Förderung dieses lokalen Know-hows würde es ermöglichen, das importierte Äquivalent zu vermeiden: Es ist leichter zu verlegen, aber es sticht in der Schieferlandschaft von Haute-Corse heraus.
In Küstennähe findet man eine eher städtische und manchmal bürgerliche, mediterrane Architektur, wie die Palazzi. Sie werden heute häufig in Hotels umgewandelt, wie der Palazzu Pigna in Pigna. Ihre Dächer sind mit Ziegeln gedeckt, ihre Wände sind weiß oder ockerfarben.
Zeitgenössische Architektur im Einklang mit dem Territorium
Auch die zeitgenössische Architektur kennt diese Begeisterung für die Aufwertung einer Architektur mit korsischem Stempel. Seit kurzem gibt es einen regionalen Preis - den Prac (2019) -, der korsische Architekten in den Fokus der Region rückt. Der Preis wird in Größenkategorien von XS bis XL vergeben, nicht ohne ein Augenzwinkern gegenüber dem "Stararchitekten" Rem Koolhaas. Besonders hervorzuheben ist das Observatorium des korsischen Hirsches des Studios Orma Architettura, das drei Beobachtungsmodule aus Holz bietet, von denen aus man nach dem vom Aussterben bedrohten Tier Ausschau halten kann, in seiner natürlichen Umgebung und ohne es zu stören. Diese offenen Strukturen aus lackiertem Holz stehen mit ihrer Geometrie und Einfachheit im Kontrast zur Berglandschaft der Region, fügen sich jedoch elegant in diese ein. Durch die Fenster in den Stäben, aus denen die Struktur besteht, öffnen sich Rahmen, die den Blick auf die umliegende Landschaft freigeben.
Darüber hinaus gibt es viele Projekte zeitgenössischer Architekten, die alte Gebäude restaurieren und dabei moderne Materialien wie Glas und Stahl verwenden. Andere wiederum lassen sich beim Bau von Villen von der ländlichen Architektur inspirieren und verwenden lokale Materialien (Schiefer und Granit). Die Universität von Korsika in Corte wurde zum Teil aus Granit gebaut, der eher dekorativ als strukturell ist. Der Gebäudekomplex, weiße Parallelepipede, die an einem Berghang gestaffelt sind, steht im Kontrast zur umgebenden Landschaft.